Additive Keramische Fertigung

Leitfaden Werkstoffe

Unter Keramik versteht man anorganische-nichtmetallische Materialien, welche pulvertechnologisch hergestellt werden und über einen Sinterprozess ihre gewünschten Eigenschaften erhalten. In der „klassischen“ Keramik ist hier der Werkstoff Porzellan weithin bekannt. Für technische Anwendungen sind Oxide, Nitride und Karbide in vielen Industriezweigen unentbehrlich. Oxide sind geprägt durch eher ionische Bindungen aufatomarer Ebene, was dazu führt, dass Sie besser von Wasser benetzt werden als Nitride und Carbide.
Die eher kovalenten Verbindungen in Nitriden und Karbiden führen ihrerseits dazu, dass letztere oftmals nur unter Beimischung von Sinteradditiven verfestigt und verdichtet werden können. Als Einsatzbeispiele sind u.a. Feststoffbatterien, Ultraschallsensoren, Kondensatoren, Aktuatoren oder Zündkerzen zu nennen. Dabeispielen Eigenschaften wie hohe thermische und chemische Stabilität, elektrische Isolation, Abriebfestigkeit und hohe Härte eine Rolle.
Wie werden Keramiken hergestellt?
In den meisten Fällen wird ein „Grünling“ aus Pulver und organischem Binder geformt, durch mechanische Bearbeitung in Form gebracht und anschließend durch einen Brennprozess verfestigt. Die für Metalle und Polymere klassischen Prozess wie Umformen oder Gießen sind aufgrund hoher Schmelzpunkte und Sprödigkeit des Materials in der Regel nicht anwendbar. Durch die Sprödigkeit und Härte des Materials sind Nachbearbeitungen zeit- und kostenintensiv. Aus diesem Grunde sind höhere Toleranzen und/oder eine Limitierung von funktionellen Dimensionen auf das strikte Minimum vorzusehen. Die Sprödigkeit führt auch dazu, dass Materialfehler nahezu immer kritisch und das Bruchverhalten katastrophal ist. Konventionelle keramische Bauteile werden daher, wenn möglich, keinen größeren Zug- oder Scherspannungen ausgesetzt.
Um die für das Endprodukt gewünschten keramischen Eigenschaften zu erzeugen, muss das Pulver nach der Formgebung einem Brennprozess (Sintern) bei hohen Temperaturen unterzogen werden. Das Brennverhalten von keramischen Pulvern hängt stark von deren Partikelgröße, aber auch der jeweiligen chemischen Zusammensetzung ab. Dementsprechend führen Verunreinigungen sowie Einfärbungen des Grundmaterials zu Änderungen des sogenannten Sinterverhaltens beim Brennprozess. Da das Material im Brennprozess „schwindet“ (Volumenverringerung durch chemische Umbauprozesse), ist das Brennen von unterschiedlichen keramischen Materialien und/oder Farben nur unter großem Aufwand möglich oder gar unmöglich, dastarke Spannungen entstehen.
Die Schwindung des Materials beim Brennprozess ist abhängig von der Dichte des Grünkörpers und beeinflusst die Restporosität des Materials am Ende des Brennprozesses. Die Schwindung keramischer Materialien ist in der Regel homogen, sprich in allen Richtungen gleich. Bei additiven Fertigungsverfahren kann es jedoch, je nach Verfahren, zu Abweichungen der Schwindung in Baurichtung kommen. Oftmals gibt es jedoch kleine Abweichungen bei der Grünkörperdichte, so dass die Bauteile sich zusätzlich verziehen können. Gleiches kann auch passieren, wenn es beim Brennprozess zu thermischen Gradienten kommt. Je nach Bauteil und Prozess müssen deshalb Toleranzen angepasst und potenzielle Nachbearbeitungen eingeplant werden.

Wie oben beschrieben, ist es in der Regel nicht sinnvoll – wenn einmal eingestellt – von einem eingefahrenen Brennprozess abzuweichen, da es durch die Umstellung zu Abweichungen der Materialeigenschaften auf dimensionaler wie auch mechanischer Ebene (erhöhte Restporosität, Defekte oder gröbere Mikrostruktur) kommen kann. Dies kann wiederum einen erheblich negativen Einfluss auf Materialeigenschaften wie Festigkeiten und Isolationswerte haben. Gleichermaßen hat das Oberflächenprofil und das Vorhandensein von scharfen Ecken/Kanten einen signifikanten Einfluss auf die Bruchfestigkeit eines keramischen Bauteils. Polierte Oberflächen und abgerundete Ecken/Kanten führen in der Regel zu einer besseren Bruchfestigkeit. Der Fachmann spricht daher auch von einem „keramikgerechten“ Design. Konstruktionsregeln aus der Metallverarbeitung müssen daher häufig an keramische Materialien angepasst werden.

Typische Vertreter der Oxidkeramik sind das Aluminium- und Zirkonoxid. Beide sind konventionell durch den Einfluss von Restporosität weiß nach dem Brennen. Werden diese Materialien jedoch beim Brennen vollends verdichtet, was nur mit großem Aufwand erreicht werden kann, ist eine Transluzenz (durchscheinend) bzw. Transparenz (durchsichtig) der Materialien möglich. Als Einkristalle (auch Edelsteine) sind sie transparent und je nach Reinheit gefärbt oder farblos.
Was ist für den 3D-Druck zu beachten?
Im Grunde können alle keramischen Pulver in einem 3D-Druckverfahren geformt werden. Je nach optischen und kristallographischen Eigenschaften des Materials, sind aber nicht alle Druckverfahren anwendbar. Ein spezielles Verfahren zur Fertigung keramischer Bauteile ist das Vat Photopolymerization (VPP)-Verfahren, das auf der flächenweisen Belichtung/Aushärtung eines keramikpulverhaltigen lichthärtbaren Monomers beruht.

Für den 3D-Druck wird das keramische Pulver dafür mit einem organischen, lichthärtbaren Binder vermischt, welcher die Formgebung ermöglicht.

Die daraus entstehenden Dispersionen/Schlicker müssen stabil, homogen und ohne Pulveragglomerationen sein. Generell gilt: Je feiner das Ausgangspulver, umso schwieriger die Verarbeitung im 3D-Druck Verfahren, auch wenn feine Pulver generell zu verbesserten finalen Materialeigenschaften führen. Alternativ können keramische Teile in einigen Fällen auch aus sogenannten „prekeramischen“ Polymeren hergestellt werden. Beim letzteren wird ein Polymer im 3D-Druck verarbeitet, welches im Nachgang durch Pyrolyse in eine Keramik umgewandelt wird. Dies kann besonders bei Materialien interessant sein, welche sonst nicht mit dem VPP-Verfahren kompatibel wären.
Für das VPP-Verfahren müssen die Schlicker für die verwendete Wellenlänge transparent sein. Schwarze Pulver (stark absorbierend) oder Pulver mit einer störenden photokatalytischen Aktivität sind in der Regel mit VPP nicht kompatibel. Für das FFF/FDM-Verfahren, welches das Material linienweise über ein thermoplastisches Filament ablegt, werden zuerst thermoplastische Feedstocks (Gemische aus dem organischen Binder und dem keramischen Pulver) hergestellt und die entsprechenden Filamente extrudiert. Die Einschränkungen in den optischen Eigenschaften des Pulvers entfallen bei dieser Methode.